Cybergrooming: Wie Sie Kinder und Jugendliche vor den Gefahren schützen
Autor:in
Carolin AndreeWir haben uns den Weltkindertag am 1. Juni zum Anlass genommen, um über die Gefahren für Kinder und Jugendliche im Netz aufzuklären. Im heutigen Blogbeitrag soll es um eine der größten Bedrohungen für Kinder in der Onlinewelt gehen: Cybergrooming. Was bedeutet es und wie können Kinder und Jugendliche davor geschützt werden?
Was ist Cybergrooming?
Cybergrooming ist ein sehr sensibles Thema, was vielleicht auch ein Grund dafür ist, warum noch nicht ausreichend darüber in den Medien berichtet wird.
Der Begriff bedeutet sinngemäß übersetzt „Anbahnung“. Gemeint ist damit, dass Erwachsene, aber teilweise auch Jugendliche Kontakt zu Kindern aufnehmen, um sexuelle Handlungen anzubahnen. Diese können ganz unterschiedlich aussehen.
So können sexuelle Gespräche ausgetauscht oder Fotos und Videos von den Täter:innen geschickt werden, auf denen Geschlechtsteile oder Pornografie zu sehen ist. Ebenso können aber auch die Kinder oder Jugendlichen selbst aufgefordert werden, entsprechende Bilder und Videos zu versenden. Hier besteht die Gefahr, dass die Bilder und Videos von den Täter:innen als Kinderpornografie weiterverbreitet werden. Cybergrooming kann so weit gehen, dass die Kriminellen die Opfer dazu bringen, sich mit ihnen im realen Leben zu verabreden.
Wie gehen die Täter:innen vor?
Die Vorgehensweise der Kriminellen ist immer gleich. Diese haben ein Gespür für die Bedürfnisse und Interessen der Kinder und Jugendlichen. Sie wissen, was sie bewegt und erschleichen sich so ihr Vertrauen. Es gelingt ihnen, die Opfer so zu manipulieren, dass diese tun, was sie wollen.
Der erste Schritt ist immer der Vertrauensaufbau. Die Tatbegehenden geben sich in Chats und Gruppen meist selbst als Kinder oder junge Erwachsene aus. Sie können aber auch als Erwachsene auftreten, die ganz viel Verständnis für die Probleme der potenziellen Opfer haben. Das funktioniert vor allem bei Jugendlichen gut, die in diesem Alter oft eine komplizierte Beziehung zu den eigenen Eltern haben. Die Täter:innen unterhalten sich über die Interessen der Jugendlichen, aber auch deren Seelenleben.Manche prahlen auch mit ihrer sexuellen Erfahrung oder bieten Geschenke an. Das macht die Opfer neugierig.
Identität feststellen und Kommunikation umlenken. Nachdem das Vertrauen aufgebaut ist, versuchen die Täter:innen, den Namen, das Alter oder auch die Adresse herauszufinden. Hier werden die Opfer bereits nach Fotos oder dem Zugriff auf die Webcam gefragt, was zunächst noch ganz unverfänglich erscheint.
Danach versuchen die Täter:innen, das Gespräch auf private Kommunikationswege umzuleiten (z. B. über Messenger-Dienste, SMS, Videotelefonie). Hier beginnen die Kriminellen, intimere Fragen zu stellen oder auch Pornografie zu versenden.
Verdrehen der Wirklichkeit und Drohungen. Wenn die Opfer aussteigen wollen, beginnen die Täter:innen Druck auszuüben. Hat das Opfer Geschenke angenommen, behauptet der/die Täter:in, Strafanzeige zu erstatten. So sollen bei Betroffenen Schuldgefühle erzeugt werden. Wenn das Opfer Bilder oder Videos verschickt hat, wird damit gedroht, diese zu veröffentlichen. Auch werden Kinder und Jugendliche dahingehend manipuliert, dass die Täter:innen sie in Geheimnisse oder gar Schweigegelübde einbinden. Mit all diesen Methoden soll ein Kontaktabbruch verhindert werden.
Zahlen und Fakten
Tatsächlich ist es sehr schwierig, eindeutige Zahlen und Fakten zum Thema Cybergrooming zu erhalten. Viel zu viel passiert in privaten Chaträumen und die Betroffenen wenden sich selten an ihre Eltern oder andere Vertrauenspersonen. So bleibt diese Form der sexuellen Übergriffe viel zu oft im Verborgenen.
Grundsätzlich ist jedoch ein enormer Zuwachs von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige im Netz festzustellen. So steht in einem Bericht des BKA aus dem Jahr 2020, dass die Zunahme von sexueller Online-Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im ersten Lockdown um 30% gestiegen ist. Auch diverse Selbstversuche zeigen, wie einfach es für Täter:innen ist, im Netz Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufzunehmen.
Kinder und Jugendliche sensibilisieren und aufklären
Ein Problem ist, dass Eltern verständlicherweise schockiert reagieren und mit Moral und Sanktionen auf einen Cybergrooming-Vorfall reagieren. Doch dieser Weg ist falsch. Viel wichtiger wäre es, in diesem Moment Solidarität und Unterstützung zu zeigen.
Viele Eltern reagieren auch mit Scham und sind wütend über sich selbst, weil sie es nicht verhindern konnten oder nicht gut genug darauf geachtet haben, was ihr Kind im Netz macht. Zusammenhalt und Aufklärung ist der Schlüssel, damit es bei einem einmaligen Vorfall bleibt.
Wichtig ist, vor allem Kinder nicht alleine im Netz surfen zu lassen. Eltern sollten sich gemeinsam mit dem Kind an den Computer setzen und passende Angebote heraussuchen. Dem Kind über die Schulter zu schauen und interessiert an dessen Online-Kontakten zu sein, ist kein Fehler. Bei Jugendlichen sieht das natürlich etwas anders aus: Dieser Altersgruppe ist die Privatsphäre sehr wichtig. Sobald Sie hier als Eltern zu forsch vorgehen, könnte Ihr Kind erst recht versuchen, online im Geheimen unterwegs zu sein.
Erklären Sie Ihrem Kind, wie es in den sozialen Netzwerken Menschen blockieren und melden kann. Sagen Sie ihm, dass es die Verbindung zu einem Online-Kontakt abbrechen soll, sobald es sich unwohl fühlt.
Sie sollten Ihrem Kind immer signalisieren, dass Sie ein offenes Ohr haben und vollkommen vorurteilsfrei an mögliche Probleme herangehen. So kann sich das Kind sicher sein, dass es keine Angst haben muss, mit Ihnen über mögliche Vorfälle zu sprechen.
Daten schützen und Computer einrichten
Auch wenn Cybergrooming nie zu 100% ausgeschlossen werden kann, gibt es einige Möglichkeiten, das Risiko zu verringern. Neben einer guten Aufklärung und Sensibilisierung sollte der Computer entsprechend eingerichtet sein. Die folgenden Tipps lassen sich sofort und unkompliziert umsetzen:
- Die Nutzung von Pseudonymen. Erklären Sie Ihrem Kind, warum es zu keinem Zeitpunkt persönliche Daten preisgeben soll.
- Abkleben der Webcam. Die Webcam sollte von Ihrem Kind niemals unbeaufsichtigt benutzt werden. Kleben Sie diese ab, wenn sie nicht benutzt wird, da sich Hacker:innen jederzeit und unbemerkt Zugriff verschaffen und so die Webcam einschalten können.
- Websites sperren. Websites, die ausschließlich für Erwachsene geeignet sind, sollten Kinder nicht sehen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Kinderschutzprogrammen, mit denen nur noch ausgewählte Websites geöffnet werden können.
Cybergrooming lässt sich durch Software und Programme nur schwer vermeiden. Sobald Ihre Kinder mit dem Internet in Berührung kommen, besteht ein Risiko, auf Täter:innen zu stoßen. Deshalb sind die Aufklärung und Sensibilisierung die wichtigsten Aufgaben, um Ihr Kind vor dieser Form von Übergriffen zu schützen.